Die Kür wird Pflicht

Quelle: „Behörden Spiegel“, Oktober 2014

3. Kölner Vergabetag diskutiert elektronische Vergabe

(BS/gg) Der Kölner Vergabetag legte Ende September auch bei seiner dritten Austragung wieder großen Wert auf Praxisbezug, viel Raum für Diskussion und ein breites Themenspektrum. Behörden Spiegel-Redakteur Guido Gehrt begrüßte als Moderator der Veranstaltung rund 200 Gäste aus Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft und führte sie durch einen abwechslungsreichen Tag, wobei die elektronische Vergabe naturgemäß eine herausragende Rolle spielte.

Die Europäische Union hat Ende März entschieden, dass E-Vergabe schrittweise ab Mitte April 2016 Pflicht wird. Dr. Sönke E. Schulz vom Lorenz-von-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften in Kiel gab einen Einblick in das, was die EU-Vergaberichtlinien in der Umsetzung bedeuten. Er machte aber auch deutlich, dass es noch eine Reihe von Fragen zu beantworten und Herausforderungen zu meistern gilt – auf nationaler Ebene und natürlich bei grenzüberschreitenden Transaktionen. Die Vielfalt der unterschiedlichen Lösungen und die fehlende Akzeptanz digitaler Signaturen waren dabei nur zwei Stichworte, die intensiv im Plenum diskutiert wurden. Das Fazit von Dr. Schulz, auch wenn auf europäischer Ebene noch viel zu tun ist: „E-Government kann an mancher Stelle von der E-Vergabe lernen.“ Auch weil es manchmal richtig und notwendig ist, Umsetzungsfristen verpflichtend zu definieren.

Mainz hat es vorgemacht

Neben dem Rechtsrahmen der Richtlinien ging es in Köln natürlich auch um die gelebte Praxis: Es gibt wohl keinen öffentlichen Auftraggeber in Deutschland, der mehr Erfahrung mit E-Vergabe hat als Klaus Faßnacht, Leiter der Zentralen Vergabestelle der Stadt Mainz. 2001 war er der Erste überhaupt, der hierzulande eine elektronische Vergabe erfolgreich durchführte – und dies darüber hinaus EU-weit. Die Mainzer Kriterien für die Plattformwahl hießen damals (und gelten heute unverändert): einfache Bedienung, alle Dateiformate, keine Veränderungen der internen Organisation. Nur wenige Jahre nach der Einführung war Mainz die erste Kommune, die konkrete Zahlen zu den immensen Spareffekten mit E-Vergabe vorlegen konnte: 752,00 Euro weniger Kosten pro Ausschreibung durch die Arbeit mit subreport ELViS. Für 2013 waren das übrigens Einsparungen in Höhe von 271.472,00 Euro. „Wenn man will, das ist unsere Überzeugung, dann ist die Umstellung auf E-Vergabe ganz einfach“, so Klaus Faßnacht.

Eine andere Sicht der Dinge

Und dann: kein Vortrag, sondern ein Dialog. Nichts zum Thema Vergabe im engeren Sinne, aber viel zu den Themen Motivation, Lernen und Können. Peter M. Endres, Top-Manager und Mitautor des Buches „Lernlust“, lieferte sich mit dem Moderator einen fesselnden Dialog und bereicherte den Vergabetag durch viele ungewöhnliche Perspektiven, viele interessante Impulse für die tägliche Arbeit vor Ort. Natürlich hatte Peter M. Endres als ehemaliger Vorstandsvorsitzender der ERGO Direkt auch mit Einkauf zu tun: „Ich habe immer gesagt: Wenn wir einkaufen, dann vergleichen wir natürlich die Preise und die Leistung. Aber ich möchte zum Schluss einen Partner haben, der mit uns zusammen das, worum es da geht, anpackt und dafür brennt – genauso wie wir selbst.“ Und auch wenn er selbst bisher nichts mit elektronischer Vergabe zu tun hatte: „Wie würde ich Mitarbeiter motivieren, E-Vergabe umzusetzen? Denn die Schwierigkeiten, von denen ich heute höre, sind doch überall die gleichen. Ich würde fragen, wir müssen das machen, aber was ist für uns der Vorteil? Und dann kann das Ganze Spaß machen. Es ist möglich, mit Freude daran zu arbeiten.“ Mitarbeiter von außen motivieren, das geht nach Peter M. Endres nicht. Sie jedoch einladen, im Unternehmen positive Erfahrungen zu machen, das ginge sehr wohl. Und idealerweise sei es dann eines Tages so, dass die „Mitarbeiter betrunken vor Freude zur Arbeit kommen.“

Muntere und vielfältige Diskussionen, bei denen aber auch der Humor nicht zu kurz kam, kennzeichneten den 3. Kölner Vergabetag. Von links: Dr. Sönke Schulz im Gespräch mit Guido Gehrt, Klaus Faßnacht und Peter M. Endres. Foto: BS/subreport

Die E-Vergabe-Lösung subreport ELViS wird im Moment von Grund auf überarbeitet, auf vollkommen neue Füße gestellt. Die Stichworte hier lauten: modernste Technologie, frisches Layout, noch mehr Sicherheit. Was bleibt, ist die intuitive Bedienbarkeit. Und diese wurde anschaulich demonstriert: Im Praxisteil des Vergabetages führten vier Freiwillige aus dem Publikum mit verteilten Rollen (Ausschreiber, Bewerber, Bieter und Verhandlungsleiter) ihre erste elektronische Vergabe durch, begleitet von zwei subreport-Mitarbeitern. Hier wurde deutlich, dass Berührungsängste gegenüber elektronischer Vergabe vollkommen unnötig sind, dass E-Vergabe durchaus auch Spaß machen kann.

ELViS 2.0 steht vor der Tür

Die Vorführung war übrigens gleichzeitig die Deutschlandpremiere der neuen Lösung subreport ELViS 2.0, die noch dieses Jahr in den Echtbetrieb gehen wird. Ab 2015 dann arbeitet subreport an einer Erweiterung seines Systems, an dem modularen Vergabemanagement. Bei der Weiterentwicklung legt subreport sehr viel Wert auf die Einbindung der Nutzer. Geschäftsführerin Edda Peters nutzte die Gelegenheit und stellte im Rahmen des Vergabetages die anwesenden Mitglieder des Beirates E-Vergabe vor, der im März dieses Jahres seine Arbeit aufgenommen hat und das Unternehmen bei der Neu- und Weiterentwicklung der E-Vergabelösung subreport ELViS beratend unterstützt. „Wir ringen dort gemeinsam um jede Entscheidung und kommen vielleicht gerade deshalb durchweg zu sehr guten Ergebnissen“, so Peters.

Transparenz vs. Korruption

Ralf Kriesemer, Leiter der Geschäftsstelle Antikorruption der Stadt Neuss, berichtete abschließend von seinen Erfahrungen im Kampf gegen Korruption und der Arbeit mit E-Vergabe-Systemen. „Bei Korruption gibt es zunächst einmal keine erkennbaren Opfer. Es gibt vielmehr zwei Täter. Der eine Täter besticht, der andere nimmt. Das Opfer, die Allgemeinheit, merkt anfangs gar nichts davon.“ Aus gutem Grund, so Ralf Kriesemer, seien daher 95 % aller Vergaben der Stadt Neuss öffentliche Ausschreibungen bzw. offene Verfahren: Mehr Wettbewerb sei kaum noch möglich. Und was bringe elektronische Vergabe? Heute seien die Vergabeunterlagen in Neuss für jedermann frei einsehbar – ein Maximum an Transparenz. Und falls doch einmal etwas passiert ist, lasse sich durch die Logfiles genau nachvollziehen, wer was wann getan hat. So leiste E-Vergabe einen konkreten Beitrag zu Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung.